Gesetzliche Erwachsenenvertretung

Wer vertritt Sie, wenn Sie selbst nicht mehr entscheiden können? Was in der Praxis häufig passiert, ist durch die gesetzliche Erwachsenenvertretung rechtlich abgesichert, nämlich dass sich Angehörige um die täglichen Geschäfte von betroffenen Personen kümmern. Diese Vertretung kommt dann in Frage, wenn Betroffene nicht mehr entscheidungsfähig sind und sie ihre Vertretung nicht mehr selbst wählen können.

Eine Tastatur mit einem Würfel der das Zeichen für einen Paragrafen zeigt.
Eine Person blättert in einem Rechtsbuch.

Leistungen

Individuelle Interessensvertretung durch eine oder mehrere Vertrauensperson/en für bestimmte gesetzlich vorgegebene Bereiche bei Verlust der Entscheidungsfähigkeit:

  • Vertretung in Verwaltungsverfahren und verwaltungsgerichtlichen Verfahren: (z.B. Antragstellung auf Pflegegeld) oder gerichtlichen Verfahren (z.B. in einem Zivilprozess)
  • Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten
  • Abschluss von Rechtsgeschäften zur Deckung des Pflege- und Betreuungsbedarfs
  • Entscheidung über medizinische Behandlungen und Abschluss von damit in Zusammenhang stehenden Verträgen
  • Änderung des Wohnortes und Abschluss von Heimverträgen
  • Vertretung in anderen personenrechtlichen Angelegenheiten und Rechtsgeschäften (z.B. Scheidung)
  • Abschluss von nicht oben genannten Rechtsgeschäften (z.B. Kauf eines Autos)
  • Kontaktpflicht der Erwachsenenvertretung mindestens 1x pro Monat
  • Verschwiegenheitspflicht

Voraussetzungen

  • fehlende Entscheidungsfähigkeit aufgrund einer psychischen Erkrankung oder vergleichbaren Beeinträchtigung
  • eine Vertretung kann selbst nicht mehr gewählt werden
  • keine bestehende Vertretung für die von der gesetzlichen Erwachsenenvertretung vorgesehenen Angelegenheiten
  • Bescheinigung über ein nahes Angehörigenverhältnis zur betroffenen Person:
    • Ehegatte*Ehegattin
    • Eingetragene*r Partner*in
    • Lebensgefährte*Lebensgefährtin (mind. seit drei Jahren im gemeinsamen Haushalt lebend)
    • volljährige Kinder und Enkelkinder
    • Eltern und Großeltern
    • Geschwister, Nichten und Neffen
    • Person, die in einer Erwachsenenvertreter-Verfügung bestimmt wurde
    • Hinweis: Personen, die aus bestimmten Gründen ungeeignet erscheinen oder in einem Abhängigkeitsverhältnis bzw. in einer anderen engen Beziehung zu einer Krankenanstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung stehen, dürfen eine gesetzliche Erwachsenenvertretung für eine dort betreute Person nicht übernehmen.
  • Registrierung im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis durch Notar*in, Rechtsanwalt*Rechtsanwältin oder Erwachsenenschutzverein

Kosten

Bei Erwachsenenschutzvereinen kann die gesetzliche Erwachsenenvertretung relativ kostengünstig registriert werden. Die Kosten für die Registrierung betragen € 50,-. Die Kosten für die Errichtung über eine*n Notar*in oder Rechtsanwält*in sind individuell zu vereinbaren.

Beachten Sie auch, dass die gesetzliche Erwachsenenvertretung einen Anspruch auf Aufwandsersatz für jene Kosten hat, die im Rahmen der Vertretung anfallen.

Wohin kann ich mich wenden?

Es ist ratsam, sich bei der Errichtung einer gesetzlichen Erwachsenenvertretung beraten zu lassen. Kostenlose Informationen erhalten Sie bei den Erwachsenenschutzvereinen. Informationen erhalten Sie auch bei einem*einer Notar*in oder Rechtsanwalt*Rechtsanwältin.

Hinweis: Eine Erstberatung bei Notar*innen ist in Österreich (ohne weitere Leistungen!) kostenlos. Eine kostenlose Erstberatung durch Rechtsanwält*innen erhalten Sie hier.

Häufige Fragen

Entscheidungsfähig ist eine Person dann, wenn sie die Folgen ihres Verhaltens versteht, ihren Willen danach bestimmen und sich entsprechend verhalten kann.

Ob jemand entscheidungsfähig ist oder nicht, ist oft auch eine Frage der Unterstützung (z.B. braucht jemand vielleicht nur eine Person, die einen schwierigen Text in einfachen Worten erklärt, damit er*sie zu einer Entscheidung gelangen kann). Daher muss bei der Beurteilung der Entscheidungsfähigkeit auch berücksichtigt werden, ob die Person durch Unterstützung entscheidungsfähig bleibt.

Die Bescheinigung des geistigen Zustandes der betroffenen Person erfolgt mit ärztlichem Zeugnis durch den*die nahe*n Angehörige*n.

Die gesetzliche Erwachsenenvertretung ist mit der Erfüllung aller Voraussetzungen und der Eintragung im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis durch Notar*in, Rechtsanwalt*Rechtsanwältin oder Erwachsenenschutzverein sofort wirksam.

Ja, dies ist jederzeit möglich. Sogar noch nach Verlust der Entscheidungsfähigkeit können Sie jederzeit einen Widerspruch einlegen. Es genügt dabei, wenn Sie zu erkennen geben, dass Sie nicht mehr vertreten sein wollen. Das „Zuerkennengeben“ führt aber nicht automatisch zur Beendigung der Vertretung, hier braucht es noch die Eintragung im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis durch einen*eine Notar*in, einen*eine Rechtsanwalt*Rechtsanwältin oder einen Erwachsenenschutzverein.

Mit einer Erwachsenenvertreter-Verfügung können Sie eine Wunschperson bezeichnen, die für Sie als Erwachsenenvertreter*in tätig oder auch nicht tätig werden soll. Weitere Informationen zur Erwachsenenvertreter-Verfügung finden Sie hier.

Ja, es können auch mehrere Personen als gesetzliche Erwachsenenvertretung eingesetzt sein, jedoch nur mit unterschiedlichen Wirkungsbereichen.

Der*die Notar*in stellt Ihrem*Ihrer nächsten Angehörigen nach der Registrierung im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis eine Registrierungsbestätigung aus. Diese Bestätigung kann als Nachweis vorgelegt werden.

Nein, die Erwachsenenvertretung ist nicht Betreuer*in der vertretenen Person. Wenn aber für die Betreuung der vertretenen Person nicht ausreichend gesorgt ist und z.B. die Gefahr besteht zu verwahrlosen, hat die Erwachsenenvertretung sich darum zu kümmern, die notwendige Betreuung zu organisieren (z.B. Organisation von mobilen Diensten). Letztendlich entscheidet die vertretene Person, ob sie ein Hilfsangebot annimmt oder nicht.

  • Wenn Sie entscheidungsfähig sind, dürfen immer nur Sie selbst in eine medizinische Behandlung einwilligen bzw. dieser zustimmen.
  • Wenn der*die Arzt*Ärztin meint, dass Sie nicht entscheidungsfähig sind, muss er*sie einen Unterstützerkreis einberufen (z.B. Angehörige, Vertrauenspersonen).
  • Nur wenn die Entscheidungsfähigkeit trotz Unterstützung nicht zustande kommt, muss Ihr*e Vertreter*in der medizinischen Behandlung zustimmen, wenn der Wirkungsbereich diese Angelegenheit auch umfasst.
  • In jedem Fall müssen aber auch Sie vom behandelnden Arzt bzw. der behandelnden Ärztin über die Behandlung informiert und um Ihre Meinung gefragt werden. Bei Uneinigkeit entscheidet das Gericht.

Grundsätzlich ist Ihre gesetzliche Erwachsenenvertretung zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die gesetzliche Erwachsenenvertretung hat aber eine Auskunftspflicht gegenüber Ehegatten*Ehegattin, eingetragene*n Partner*in und Lebensgefährten*Lebensgefährtin, Eltern und Kindern der vertretenen Person zu:

  • geistigem und körperlichem Befinden (Überblick, keine Details)
  • Wohnort
  • Wirkungsbereich der Vertretung

Ausnahme: Keine Auskunft darf erteilt werden, wenn die vertretene Person dagegen widerspricht oder wenn die Auskunft das Wohl der vertretenen Person gefährdet ist (z.B. gewalttätige Angehörige).

Die gesetzliche Erwachsenenvertretung wird in erster Linie dafür sorgen, dass Sie über ein regelmäßiges Einkommen verfügen. Dazu werden bei Behörden Anträge gestellt bzw. um finanzielle Unterstützungen (z.B. Mindestsicherung, etc.) angesucht. Die Vertretung sorgt auch dafür, dass Fixkosten (z.B.: Miete, Strom, etc.) fristgerecht bezahlt werden und Sie genügend finanzielle Mittel für Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens zur Verfügung haben. Wenn größeres Vermögen vorhanden ist, muss die gesetzliche Erwachsenenvertretung dieses mündelsicher anlegen, d.h. mit möglichst geringem Risiko.

Zumindest zu Beginn und Ende der Vertretung hat die gesetzliche Erwachsenenvertretung dem Gericht eine genaue Abrechnung der Einnahmen und Ausgaben vorzulegen.

  • Jede*r Erwachsenenvertreter*in hat bestimmte Verpflichtungen gegenüber dem Gericht:
  • Vorlage eines (meist jährlichen) Lebenssituationsberichts über die Lebensverhältnisse, die Gestaltung und Anzahl der Kontakte mit der vertretenen Person, ihren Wohnort, ihr geistiges und körperliches Befinden und über die für die vertretene Person besorgten Angelegenheiten. Diese Berichtspflicht kann eingeschränkt werden, wenn kein Nachteil für die vertretene Person besteht (z.B. bei gesundheitlicher Situation, die sich nicht mehr verbessern wird) oder bei angemessener Versorgung (z.B. in stationärer Einrichtung).
  • Rechnungslegungspflicht (bei Vertretung in finanziellen Angelegenheiten): Zu Beginn und am Ende der Vertretung muss der Vermögensstand schriftlich festgehalten werden und es ist auch laufend Rechnung zu legen (Auflistung der Ein- und Ausgaben). Nächste Angehörige im Rahmen der gesetzlichen Erwachsenenvertretung sind von der laufenden Rechnungslegung befreit, außer das Gericht verfügt darüber.
  • Überwachung der Vermögensverwaltung. (Betrifft nächste Angehörige nur bei unbeweglichem Vermögen und einem Jahreseinkommen über € 15.000,-.)
  • Jede Erwachsenenvertretung ist außerdem verpflichtet, Rechnungen und Belege aufzubewahren und dem Gericht Ausgaben über € 15.000,- mitzuteilen
  • In manchen wichtigen Angelegenheiten ist eine gerichtliche Genehmigung erforderlich, wie z.B. bei dauerhafter Wohnortverlegung oder bei Meinungsverschiedenheiten bei medizinischen Behandlungen.

Jede Person hat außerdem die Möglichkeit, sich an das zuständige Pflegschaftsgericht zu wenden und eine Überprüfung anzuregen, sollte der Verdacht bestehen, dass die Vertretung nicht angemessen ist oder nicht im Sinne der vertretenen Person handelt.

Die gesetzliche Erwachsenenvertretung endet:

  • durch Tod der vertretenen Person oder ihres Vertreters*ihrer Vertreterin
  • durch gerichtliche Entscheidung
  • nach Ablauf von drei Jahren automatisch – eine Verlängerung kann beantragt werden
  • durch Registrierung des Widerspruch der gesetzlichen Erwachsenenvertretung im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis