Gewählte Erwachsenenvertretung

Sie möchten selbst bestimmen, wer Sie vertritt, auch wenn Sie nicht mehr voll entscheidungsfähig sind? Im Rahmen der gewählten Erwachsenenvertretung können Sie eine*n Vertreter*in auch dann noch selbst bestimmen, wenn Sie nicht mehr voll entscheidungsfähig sind.

Eine Tastatur mit einem Würfel der das Zeichen für einen Paragrafen zeigt.
Eine Person blättert in einem Rechtsbuch.

Leistungen

Individuelle Interessensvertretung durch eine Vertrauensperson für ganz bestimmte Geschäfte oder generelle Angelegenheiten bei geminderter Entscheidungsfähigkeit, wie etwa:

  • gesetzliche Vertretung, z.B. Vertretung vor Behörden, vor Gericht und Vertragspartner*innen (z.B. Antragstellung auf Pflegegeld)
  • Vermögenssorge, z.B. Verwaltung von Barvermögen, Einkünften
  • Personensorge, z.B. Zustimmung zu medizinischen Behandlungen, Durchführung oder Organisation der sozialen Betreuung
  • Bestimmung des Wohnortes, z.B.: Heimeinzug
  • Kontaktpflicht der Erwachsenenvertretung mindestens 1x pro Monat
  • Verschwiegenheitspflicht

Voraussetzungen

  • geminderte Entscheidungsfähigkeit aufgrund einer psychischen Erkrankung oder vergleichbaren Beeinträchtigung, wodurch die Person ihre Angelegenheiten nicht für sich selbst besorgen kann
  • eine Vorsorgevollmacht kann nicht mehr errichtet werden
  • keine bestehende Vertretung für die von der gewählten Erwachsenenvertretung vorgesehenen Angelegenheiten
  • Festlegung einer oder mehrerer Vertrauensperson/en
  • Vereinbarung* über die einzelnen Aufgabenbereiche, für die die Vertrauensperson/en zuständig ist/sind
  • schriftliche und persönliche Errichtung der Vereinbarung vor einem*einer Notar*in, einer*einem Rechtsanwalt*Rechtsanwältin oder einem Erwachsenenschutzverein
  • Eintragung der Vereinbarung in das Österreichische Zentrale Vertretungsverzeichnis durch Notar*in, Rechtsanwalt*Rechtsanwältin oder Erwachsenenschutzverein

*In dieser Vereinbarung kann auch vorgesehen werden, dass die Vertrauensperson nur im Einvernehmen mit dem*der Betroffenen als Vertretung tätig werden kann, oder auch umgekehrt, dass der*die Betroffene nur entscheiden kann, wenn die Vertrauensperson zustimmt. Ausgenommen davon ist die Vertretung vor Gericht – hier darf nur die gewählte Erwachsenenvertretung entscheiden (sofern diese zur Vertretung im Verfahren zuständig ist).

Kosten

Die Kosten für die Errichtung einer gewählten Erwachsenenvertretung über einen Erwachsenenschutzverein betragen € 50,- und für die Registrierung € 10,-. Die Kosten für die Errichtung über eine*n Notar*in oder Rechtsanwalt*Rechtsanwältin sind individuell zu vereinbaren.

Beachten Sie auch, dass die gewählte Erwachsenenvertretung grundsätzlich einen Anspruch auf Aufwandsersatz für jene Kosten hat, die im Rahmen der Vertretung anfallen.

Wohin kann ich mich wenden?

Es ist ratsam, sich bei der Errichtung einer gewählten Erwachsenenvertretung beraten zu lassen. Kostenlose Informationen erhalten Sie bei den Erwachsenenschutzvereinen. Informationen erhalten Sie auch bei einem*einer Notar*in oder Rechtsanwalt*Rechtsanwältin.

Hinweis: Eine Erstberatung bei Notar*innen ist in Österreich (ohne weitere Leistungen!) kostenlos. Eine kostenlose Erstberatung durch Rechtsanwält*innen erhalten Sie hier.

Häufige Fragen

Entscheidungsfähig ist eine Person dann, wenn sie die Folgen ihres Verhaltens versteht, ihren Willen danach bestimmen und sich entsprechend verhalten kann.

Ob jemand entscheidungsfähig ist oder nicht, ist oft auch eine Frage der Unterstützung (z.B. braucht jemand vielleicht nur eine Person, die einen schwierigen Text in einfachen Worten erklärt, damit er*sie zu einer Entscheidung gelangen kann). Daher muss bei der Beurteilung der Entscheidungsfähigkeit auch berücksichtigt werden, ob die Person durch Unterstützung entscheidungsfähig bleibt.

Die Person muss fähig sein, die Bedeutung und Folgen der Vertretung in Grundzügen zu verstehen, ihren Willen danach bestimmen und sich entsprechend verhalten können. Das heißt sie muss nur ungefähr wissen, dass sie eine*n Vertreter*in wählt und was das bedeutet.

Jene Person, die als Vertreter*in eingetragen werden will, muss ein ärztliches Zeugnis vorlegen, das bescheinigt, dass die betroffene Person aufgrund psychischer Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung so eingeschränkt ist, dass sie die Angelegenheiten, für die die Vertretung errichtet werden soll, nicht selbst besorgen kann.

Die gewählte Erwachsenenvertretung ist mit der Erfüllung aller Voraussetzungen und der Eintragung im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis durch Notar*in, Rechtsanwalt*Rechtsanwältin oder Erwachsenenschutzverein sofort wirksam.

Es kommt jede nahestehende Person in Betracht, das bedeutet neben Angehörigen, auch Freunde, Nachbarn, zu denen ein Vertrauensverhältnis besteht, oder eine Person, die in einer Erwachsenenvertreter-Verfügung genannt wurde.

Hinweis: Hinweis: Personen, die aus bestimmten Gründen ungeeignet erscheinen oder in einem Abhängigkeitsverhältnis bzw. in einer anderen engen Beziehung zu einer Krankenanstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung stehen, dürfen eine gewählte Erwachsenenvertretung für eine dort betreute Person nicht übernehmen.

Mit einer Erwachsenenvertreter-Verfügung können Sie eine Wunschperson bezeichnen, die für Sie als Erwachsenenvertreter*in tätig oder auch nicht tätig werden soll. Weitere Informationen zur Erwachsenenvertreter-Verfügung finden Sie hier.

Ja, es können auch mehrere Personen als gewählte Erwachsenenvertretung eingesetzt werden, jedoch nur mit unterschiedlichen Wirkungsbereichen.

Nein, die Erwachsenenvertretung ist nicht Betreuer*in der vertretenen Person. Wenn aber für die Betreuung der vertretenen Person nicht ausreichend gesorgt ist und z.B. die Gefahr besteht zu verwahrlosen, hat die Erwachsenenvertretung sich darum zu kümmern, die notwendige Betreuung zu organisieren (z.B. Organisation von mobilen Diensten). Letztendlich entscheidet die vertretene Person, ob sie ein Hilfsangebot annimmt oder nicht.

  • Wenn Sie entscheidungsfähig sind, dürfen immer nur Sie selbst in eine medizinische Behandlung einwilligen bzw. dieser zustimmen.
  • Wenn der*die Arzt*Ärztin meint, dass Sie nicht entscheidungsfähig sind, muss er*sie einen Unterstützerkreis einberufen (z.B. Angehörige, Vertrauenspersonen).
  • Nur wenn die Entscheidungsfähigkeit trotz Unterstützung nicht zustande kommt, muss Ihr*e Vertreter*in der medizinischen Behandlung zustimmen, wenn der Wirkungsbereich diese Angelegenheit auch umfasst.
  • In jedem Fall müssen aber auch Sie vom behandelnden Arzt bzw. der behandelnden Ärztin über die Behandlung informiert und um Ihre Meinung gefragt werden. Bei Uneinigkeit entscheidet das Gericht.

Die gewählte Erwachsenenvertretung wird in erster Linie dafür sorgen, dass Sie über ein regelmäßiges Einkommen verfügen. Dazu werden bei Behörden Anträge gestellt bzw. um finanzielle Unterstützungen (z.B. Mindestsicherung, etc.) angesucht. Die Vertretung sorgt auch dafür, dass Fixkosten (z.B.: Miete, Strom, etc.) fristgerecht bezahlt werden und Sie genügend finanzielle Mittel für Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens zur Verfügung haben. Wenn größeres Vermögen vorhanden ist, muss die gewählte Erwachsenenvertretung dieses mündelsicher anlegen, d.h. mit möglichst geringem Risiko.

Zumindest zu Beginn und Ende der Vertretung hat die gewählte Erwachsenenvertretung dem Gericht eine genaue Abrechnung der Einnahmen und Ausgaben vorzulegen.

Jede*r Erwachsenenvertreter*in hat bestimmte Verpflichtungen gegenüber dem Gericht:

  • Vorlage eines (meist jährlichen) Lebenssituationsberichts über die Lebensverhältnisse, die Gestaltung und Anzahl der Kontakte mit der vertretenen Person, ihren Wohnort, ihr geistiges und körperliches Befinden und über die für die vertretene Person besorgten Angelegenheiten. Diese Berichtspflicht kann eingeschränkt werden, wenn kein Nachteil für die vertretene Person besteht (z.B. bei gesundheitlicher Situation, die sich nicht mehr verbessern wird) oder bei angemessener Versorgung (z.B. in stationärer Einrichtung).
  • Rechnungslegungspflicht (bei Vertretung in finanziellen Angelegenheiten): Zu Beginn und am Ende der Vertretung muss der Vermögensstand schriftlich festgehalten werden, und es ist auch laufend Rechnung zu legen (Auflistung der Ein- und Ausgaben). (Nächste Angehörige sind von der laufenden Rechnungslegung befreit.)
  • Überwachung der Vermögensverwaltung. (Betrifft nächste Angehörige nur bei unbeweglichem Vermögen und einem Jahreseinkommen über € 15.000,-.)
  • Jede Erwachsenenvertretung ist außerdem verpflichtet, Rechnungen und Belege aufzubewahren und dem Gericht Ausgaben über € 15.000,- mitzuteilen
  • In manchen wichtigen Angelegenheiten ist eine gerichtliche Genehmigung erforderlich, wie z.B. bei dauerhafter Wohnortverlegung oder bei Meinungsverschiedenheiten bei medizinischen Behandlungen.

Jede Person hat außerdem die Möglichkeit, sich an das zuständige Pflegschaftsgericht (= Bezirksgericht) zu wenden und eine Überprüfung anzuregen, sollte der Verdacht bestehen, dass die Vertretung nicht angemessen ist oder nicht im Sinne der vertretenen Person handelt.

Da diese Vertretungsform auf den persönlichen (wenn auch schon eingeschränkten) Willen des*der vertretenen Person beruht, gilt sie unbefristet. Sie ist solange wirksam, wie sie im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis registriert ist.

Ja, dies ist jederzeit möglich. Sogar noch nach Verlust der Entscheidungsfähigkeit können Sie sie jederzeit formlos widerrufen. Es genügt dabei, wenn Sie zu erkennen geben, dass Sie nicht mehr vertreten sein wollen. Das „Zuerkennengeben“ führt aber nicht automatisch zur Beendigung der Vertretung, hier braucht es noch die Eintragung im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis durch einen*eine Notar*in, einen/eine Rechtsanwalt*Rechtsanwältin oder einen Erwachsenenschutzverein.

Grundsätzlich ist Ihre gewählte Erwachsenenvertretung zur Verschwiegenheit verpflichtet. Der*die gewählte Erwachsenenvertreter*in hat aber eine Auskunftspflicht gegenüber Ehegatten*Ehegattin, eingetragene*r Partner*in und Lebensgefährte*Lebensgefährtin, Eltern und Kindern der vertretenen Person zu:

  • geistigem und körperlichem Befinden (Überblick, keine Details)
  • Wohnort
  • Wirkungsbereich der Vertretung

Ausnahme: Keine Auskunft darf erteilt werden, wenn die vertretene Person dagegen widerspricht oder wenn die Auskunft das Wohl der vertretenen Person gefährdet ist (z.B. gewalttätige Angehörige).

Die gewählte Erwachsenenvertretung endet

  • mit dem Tod der vertretenen Person oder ihres*ihrer Vertreters*Vertreterin
  • durch gerichtliche Entscheidung
  • durch die Eintragung des Widerrufs einer gewählten Erwachsenenvertretung im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (z.B. wenn die Person ihre Entscheidungsfähigkeit wieder erlangt)